Metallindustrie: Ein Abschluss, der Fragen aufwirft

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Ein Abschluss, der nicht nur überrascht, sondern auch irritiert: Obwohl sich abzeichnete, dass die heurige Herbstlohnrunde unter schwierigen Rahmenbedingungen erfolgen würde, erstaunt die Geschwindigkeit, mit der die Verhandlungen beendet wurden. Mit 1,41 % auf die Ist-Löhne und -Gehälter sowie 2 % auf die Mindestentgelte bleibt man deutlich unter der rollierenden Inflation von 2,83 % – ein Ergebnis, das Arbeitnehmer:innen Reallohnverluste beschert. Zusätzlich wurden Einmalzahlungen vereinbart, die die Löhne über die Inflation heben – aber Einmalzahlungen sind nicht nachhaltig. Warum also diese Hast und Zurückhaltung?

Symbolpolitik statt Substanz
Die Sozialpartnerschaft scheint mit diesem Abschluss vor allem ihren Zusammenhalt in der Krise symbolisieren zu wollen. Aber wer glaubt, dass dieser vermeintliche Zusammenhalt über die Dauer der Krise hinaus Bestand hat, blendet die Erfahrungen der Vergangenheit aus – sobald es wieder bergauf geht, bröckelt der Schulterschluss meist schnell. Auch in guten Zeiten werden Gehaltserhöhungen nicht in einer Runde erreicht, sondern müssen mit enormem Aufwand mühsam erkämpft werden.

Haben die Metaller:innen zu hoch gepokert?
Dieser Abschluss kann für die Arbeitgeber:innen wie eine Steilvorlage wirken. Sie könnten daraus ableiten, dass die Abschlüsse der vergangenen Jahre überzogen waren. Auch wenn die Einmalzahlungen die Kaufkraft erhalten, verstärkt die kampflose Zustimmung diesen Eindruck und liefert den Unternehmen ein Argument, die früheren Abschlüsse im Nachhinein als zu hoch darzustellen.

Ein zweijähriger Abschluss – ein riskantes Manöver
Große Fragen wirft die Entscheidung für einen zwei Jahre laufenden Abschluss auf. Niemand kann seriös prognostizieren, wie sich die Teuerung entwickeln wird. Bleibt zu hoffen, dass sich die Kolleg:innen damit nicht in eine Sackgasse manövriert haben.

Der Verlust der Leitfunktion
Der Metall-KV galt bisher als Richtschnur für andere Branchen. Mit diesem Abschluss muss der Metall-Kollektivvertrag zumindest für diesen Abschluss seine Leitfunktion verlieren. Eine Orientierung an diesem Ergebnis deutlich unter der Inflationsrate wäre für kommende Verhandlungen fatal. Gleichzeitig eröffnet sich für andere Branchen die Möglichkeit, ihre Unabhängigkeit zu beweisen – denn unterschiedliche Bedingungen rechtfertigen auch unterschiedliche Abschlüsse.

Wer trägt die Krise wirklich?
Besonders bitter: Gespart wird wieder einmal auf Kosten der Beschäftigten. Während Manager:innen ihre Boni kassiert haben und Aktionär:innen von Dividenden profitieren, wird den Arbeitnehmer:innen Zurückhaltung abverlangt. Solidarität sieht anders aus. Wer über „gemeinsames Durchstehen“ spricht, muss auch jene zur Kasse bitten, die in den letzten Jahren massiv profitiert haben – doch genau das bleibt aus.

Fazit
Unterm Strich sichern die Beschäftigten nicht ihre Arbeitsplätze, sondern vor allem die Gewinne der Unternehmen. Die eigentliche Frage lautet daher: Wie lange lassen sich Arbeitnehmer:innen mit Symbolpolitik abspeisen, während sie real verlieren?